Samstag, 31. Mai 2014

Mut versus Naivität

Wir hören so oft von Freunden und Bekannten, wie mutig sie unser Unterfangen hier in Umbrien finden. Wie mutig der Schritt, das alte Leben abzustreifen und etwas gänzlich neues aufzubauen. Wie mutig, gerade Italien zu wählen, das so schlecht organisiert und in einem grossen Umbruch ist. Mutig, bekannten Boden zu verlassen und von uns bisher unerforschtes Terrain zu betreten - und dies im wahrsten Sinne - mit der Landwirtschaft. 

Mutig? 

Von aussen gesehen mag das so erscheinen. Doch haben wir uns mutig gefühlt? Fühlen wir uns jetzt mutig? Sicher, es braucht eine grosse innere Triebkraft, eine Vision, ein solches Abenteuer in Angriff zu nehmen und den Sprung ins Unbekannte zu wagen. Ist das Mut? Haben wir uns gesagt: "So, jetzt nehmen wir all unseren Mut zusammen und machen das."? Nein, diesen Moment gab es nicht.
Wenn ich jetzt zurückblicke, empfinde ich mich als mutig? 
Das ist nicht unbedingt das Wort, das ich verwenden würde. Eher naiv. Man ist versucht, diesem Wort, der Naivität, eine negative Konnotation anzuhängen. Von wegen nicht wohl überlegt, unwissend, nicht im Vollbesitz der geistigen Kräfte, einfältig, kindlich, beschränkt, töricht, unerfahren. Naivität  ist aber auch Glauben. Glauben an das "Getragen-Werden". Glauben an den eigenen Weg. Naivität ist auch einfaches Sein. Ohne Schnörkel, ohne Manipulation. Und letztendlich Vertrauen. (Kaum zu glauben, dass ich dies schreibe - Vertrauen gehörte nie wirklich zu meinen Stärken…. wie wundersam…).

Naiv?

Ja, in gewissem Sinne sind wir mit einer grossen Portion Naivität an dieses Projekt gegangen, getragen von einem Wunsch, einer Vision, einer Sehnsucht. Unvoreingenommen und offen für das was kommt. Hätten wir gewusst, was kommt, hätten wir die gleichen Schritte unternommen? Ich bin versucht zu sagen "Nein, hätten wir nicht". Es wäre mir zu schwierig, zu unsicher, zu mühsam, zu unübersichtlich gewesen. Gut also wusste ich es im Vornherein nicht. Die Bewegung hätte nicht stattgefunden. 
Naiv ins Ungewisse. So sieht's aus.

Im Online-Lexikon wird naiv von nativ (gebürtig, ursprünglich) abgeleitet. Von Neutralität ist die Rede. Frei von geistigen Fesseln einem neuen Sachverhalt gegenübertreten und mit dem eigenen Genius erörtern und einschätzen. Die Tugend der Unschuld wird hervorgehoben und die Abneigung dem begrifflichen Leben gegenüber.  Kant meint, dass Naivität eine edle und schöne Eigenschaft ist, die das Siegel der Natur trägt oder gar eine ursprüngliche Aufrichtigkeit ausdrückt im Gegensatz zur Verstellungskunst. 

Interessant. Vieles davon passt. Die geistigen Fesseln und das begriffliche Leben werden uns auf dem Silbertablett serviert - mit fixen Vorstellungen, Althergebrachtem oder -bewährtem und engen Plänen ist hier nichts. Davon müssen wir uns immer wieder lösen. Frei davon werden - dann kann "der eigene Genius" (hahaha…!!) sich entfalten, bzw. kriegt die Intuition ihren Platz. 
So kam so manches anders als gedacht. Bei dieser Betrachtung hilft  die erwähnte Neutralität  und Unschuld damit man nicht ins Werten und Verurteilen fällt.
Am besten gefällt mir wieder einmal Kant: Das Siegel der Natur tragen und leben wir jeden Tag und kommen unserer ursprünglichen Natur erst richtig auf die Spur. Auf dem Land  arbeiten, bei Wind, Regen und Sonne.  Die Übereinstimmung mit der Erde und dem Land suchen. Verstehen und Fühlen was hier ist, was das Land braucht, wir brauchen. Dies bedeutet immer wieder in den eigenen Spiegel zu schauen  mit Demut,  Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und Authentizität.
Und dabei hilft ganz sicher eine unschuldige Seele, ein unvoreingenommener Geist.

Alice und Ella im Wunderland

Ich kann es nicht beurteilen, ob Alice und ihre Freundin Ella bei uns so eine Art Wunderland gefunden haben - für mich ist es jedenfalls wunderbar, diese beiden 10-jährigen Mädchen bei uns zu Besuch zu haben (mit Alice's Eltern Nathalie und Martin)! Ja, sicher, unsere Kinder Jil, Eric und Lyle und Eloy waren alle auch schon hier und haben ihre Spuren hinterlassen. Spuren von jungen Erwachsenen und Teenagern. 
Mit Alice und Ella jedoch prägen Kinder dieses Land - dieses Wunderland.  Es ist einfach herrlich zu beobachten wie sie sich ihre Welt erschaffen. Eintauchen in die Wunder der Imagination und Kreativität. Unsere Abfallhalde (die der Entsorgung harrt) ist plötzlich ein Heim, das unterteilt und eingerichtet wird. Erstaunlich was hier alles entsteht. Schillernde Steine werden zu Diamanten, und einmal mehr kann ich beobachten mit welcher Ernsthaftigkeit Kinder spielen. Neuland will entdeckt werden, der Radius ums Haus vergrössert sich, wir sehen sie fast einen Tag lang nicht. Mit ihnen ist auch der Hund verschwunden und geniesst die ständige Gesellschaft irgendwo auf unserem Land. Wir haben keinen eingerichteten Spielplatz, kein Tischtennis, kein Töggelikasten, keine Gesellschaftsspiele, fürs Schwimmbad ist es zu früh. Nichts von all dem, das man vermeintlich glaubt zu brauchen. Reduziert aufs Maximum. Einfach. Und ferne der Langeweile. Wirklich weit weg.

Hey, danke ihr zwei, es war toll, euch bei uns zu haben und in euer Wunderland des Kindseins wieder einmal einzutauchen!




Freitag, 30. Mai 2014

So italienisch sind wir schon


Italien ist ja bekanntlich das Land des Kaffees. Latte macchiato, Cappuccino, Coretto, Americano, freddo und wie sie alle heissen. Mit Milch, ohne Milch, mit Kakaopulver oder ohne, mit Schaum oder ohne. Bestellt man in der Bar einen Kaffee ist gerade mal der Tassenboden bedeckt, also weniger drin als in der Schweiz in einem Espresso (den kennen sie in Italien sowieso nicht). Wäre zu schnell...
Unsere Profi-Restaurations-Kaffeemaschine befindet sich im Winterschlaf und wartet auf die Grossrevision. In der Zwischenzeit brauen wir uns unseren Mocca.  Links im Bild die grösste Kanne, die auf dem Markt erhältlich ist - dies jedoch auch nur nach intensivem Suchen. Denn, wie gesagt, für die Italiener ist Kaffee im Fingerhutformat. So würden also mit dem linken Modell so gegen die 30 - 50 Leute mit Kaffee versorgt.
Im ersten Jahr entsprach dies in etwa unserer morgendlichen Dosis - jetzt ist es auch uns zuviel geworden,  und wir haben reduziert - re-dimensioniert! Siehe rechts. So italienisch sind wir schon...




Donnerstag, 29. Mai 2014

Die Leitungen werden verlegt
















Meterweise werden Elektrokabelröhren (ist dies die korrekte Bezeichnung für die Röhren, in die die Kabel dann eingezogen werden?) verlegt. Vom Hauptmast, wo die offizielle Leitung bei uns auf dem Grundstück ankommt, zum Nebengebäude, noch weiter zum Schwimmbad, zum Keller, zum Hauptgebäude und dem ganzen Haus entlang für zukünftige Projekte wie Gartenbeleuchtung. 
Und alle paar Meter gibt es Verzweigungen, die dann von sogenannten pozzetti ausgehen, bzw. zusammenkommen:

Gasleitungen werden in gelbe Röhren verpackt:

Wasser ist am unkompliziertesten:



Es sei denn es geht ums Regenwasser. Während dem der Graben ausgehoben wird, wird klar, dass wir das Regenwasser sammeln wollen. Dies war bisher nicht vorgesehen und auch unsere Vorgänger hatten keinerlei Vorrichtung, das Regenwasser  zu nutzen (wie z.B. für den Gemüse- oder Kräutergarten). Dies wird jetzt kurzfristig geplant und umgesetzt. Bis auf die Zisterne, die kommt nach. Um die ganze Leitungsverlegerei etwas bunter zu gestalten, wird orange genommen:






Nach guten 2 Wochen sind die Leitungen verlegt (unterbrochen durch Regenwetter und Missverständnisse) und führen ein friedliches Miteinander:



















Mein Job war die ganze Zeit, alles zu dokumentieren, damit auch ja bewiesen werden kann, dass alles mit rechten Dingen zu und her ging. Auf einem Plan wird es selbstverständlich auch noch festgehalten.

Freitag, 23. Mai 2014

Grabenbau




Eines schönen Morgens kommt also Fabrizio mit seinem Bäggerlein, um den Graben für die neuen Gas-, Wasser-, und Stromleitungen auszuheben. Der Sanitär (Klempner) wie der Elektriker stehen bereit, damit die Leitungen sofort verlegt werden können und innerhalb von 2-3 Tagen alles wieder "zu" ist. Das wäre der Plan gewesen…. Plötzlich entsteht aber die Diskussion des Sammelns des Regenwassers. Wenn der Graben schon gezogen wird, oder….? Doch dazu mehr in einem anderen Kapitel…






Alles bereit für die Verlegung der Kabel. Sichtbar sind die alten Kabelröhren, die alle nicht mehr gesetzeskonform sind. 

















Der Graben zum GPL-Tank, der uns mit Gas versorgt.  Hier müssen die Leitungen tiefer gelegt werden (80 cm unter die Erdoberfläche), so dass es der Norm entspricht.

Da war doch noch die Baustelle….




Die Dachziegel haben die schönste Aussicht und harren ihrer definitiven Position. 


Eigentlich ist die Meinung, dass jeder Handwerker seinen Bauabfall entsorgt - hat mir der Elektriker gesagt. Bei unserer Baustelle scheint das jedoch nicht wirklich zu klappen… Alte Kabel und Leitungen mischen sich mit ausgebauten Wasserbehältern und neuen, leeren Verpackungen. Das ganze garniert von Plastikkaffeetässchen und Zigarettenstummel.


Alte und neue Deckziegel gemischt. 

Dies ist mehrheitlich das Chaos des Gipsers und Schreiners.

Pizza fatta in casa





Schon bald wird die Fingerfertigkeit so gross sein, dass der Teig durch die Luft wirbelt.
Das Resultat ist allerdings jetzt schon hervorragend!




Donnerstag, 22. Mai 2014

Traktor-Fahr-Lektion




















Jil's erste Traktor-Lektion: Zuerst etwas Theorie. Welcher Hebel für welche Funktion. Aufmerksames Zuhören und Umsetzen in die Praxis: 




Am Schluss geht es sogar mit einem Lächeln!

Im Zeichen des Mondes





Aufsteigender Mond, absteigender Mond - hier Vollmond.

Wir werden uns bewusst, wie sehr alles mit dem Mond, den Mondphasen zusammenhängt. Da gibt es die Blütentage, die Blatttage, die Wurzeltage und die Fruchttage. Dementsprechend säen wir oder schneiden die Bäume zurück.




Mittwoch, 21. Mai 2014

Umzug und Vergrösserung des Orto

Ein grosser Teil des Monats April ist vom "Bereitmachen"und Einrichten des Gemüsegartens geprägt. War er vergangenes Jahr noch vor dem alten Stall, findet er jetzt seinen Platz zwischen den Reben und hat sich in der Grösse vervielfacht. Von vier Beeten, die damals mit Enzo's Humus angereichert wurden, auf 9 Beete, die jetzt kunstgerecht gepflügt, geeggt und mit viel Mist versehen werden. Peter hat sich während des Winters viele Gedanken gemacht, was wo angepflanzt wird, welche Gemüse welche Gemüsenachbarn brauchen, um gut zu gedeihen, wo die Erde tiefer umgegraben werden muss (zwecks Wurzelbildung) und welche Pflanzen welchen anderen Pflanzen Schatten spenden oder Windschutz bieten, etc. 







Erste Anpflanzungen sind Blattmangold, die als kleine Pflänzchen in den Boden kommen, und Schwarzwurzeln, die wir gesät haben - immer schön auf den Mondkalender achtend.





Besonders viel Arbeit gibt das Erdbeerenfeld, da es auf dem alten Parkplatz angelegt wird:




Unterdessen haben 40 Erdbeerpflanzen
eine neue Heimat gefunden und sind sich am Einleben. Die Früchte schmecken herrlich!!!! Freu mi scho uff d Comfi…