Mittwoch, 17. Januar 2018

Haushalten (1) - Putzen und Wäsche

Haushalten. Haushalt. Haus halten. Welch interessante Begriffe! Ich merke, dass in meinem Sprachgebrauch (bis anhin) eine eher abschätzende, nicht würdigende Komponente mitschwang. "Nur" Haushalt. Haushaltsgerät versus Profi-Gerät - vor allem in der Küche. Minderwertig. Eine Haushälterin war eine bessere Putzfrau, nicht die, die mit weiser Voraussicht, klaren Ideen und rechnerischem Talent den Haushalt führt. Haushalten ist einfach, da braucht es keine Ausbildung, keine höheren Studien. Ist das überhaupt Arbeit? Immer noch minderwertig. Oder das alte Wort "Hausfrau"? Meine Mutter hat sich als Hausfrau bezeichnet. Der Wichtige war der Vater mit dem ausgewiesenen Beruf. Hausfrau zählte nicht so richtig. Sie war im Hintergrund tätig, stand im Schatten. Hat zugedient. Das war's.  Eigentlich schon fast kein selbständig denkender Mensch. Ja, klar - ich übertreibe. Doch ich bin bestürzt über meine inneren Bilder des Haushaltens oder der Hausfrau. Eben - minderwertig. Anhängsel. Kann nichts besseres. Beschränkt. Und ähnliche erniedrigende Begriffe. Das war meine Begriffswelt und die Prägung. 

Tempi passati - das Leben lehrt mich zum Glück etwas anderes. 

Dieses Jahr habe ich keine "Putzfrau", die mir hilft, die Gästezimmer zu pflegen und alles sauber zu halten. Keine Mirna, so hiess sie und hat eine Festanstellung gefunden, der ich die Putzerei delegieren kann. So packe ich mir Anticalcario, Pulivetro, WC-Ente und wie die Putzmittel auch alle heissen, statte mich mit sicher 10 Putzlappen und Trockentüchern pro Zimmer aus, und mache mich an die Arbeit. Oh, Staubsauger vergessen. Wieder runter in die Waschküche. - ah, und grad noch schauen, ob die Waschmaschine schon fertig gewaschen hat. Ja, hat sie - nasse Wäsche aufhängen oder in den Tumbler, schmutzige Wäsche rein. Und weiter geht's mit Putzen. Ooh, hier hat's noch ein Spinnennetz - und ich keinen Wedel - wieder runter in die Waschküche, geht im Gleichen grad noch die schmutzige Wäsche aus den Zimmern mitzunehmen, Staubwedel mit Verlängerung holen. Weiter geht's. Am Schluss fehlt dann noch der Wischmob und die Holzpolitur. Nach abermaligem Fitness-Treppenlaufen in die Waschküche, wo das Putzmaterial untergebracht ist und ich den nächsten Wäschehaufen bereit mache, kann ich das Zimmer endlich fertig putzen.  Nur noch die Betten beziehen und die frische Wäsche ins Badezimmer legen. Uff, geschafft! Noch ein paar Blümchen. Zwischenstopp in der Küche (weil sie auf dem Weg liegt), um zu sehen, ob die Bohnen im Ofen schon trocken sind. Blick auf die Küchenuhr. Was? 2 Stunden sind vergangen! 2 Stunden für ein Zimmer - da werde ich ja nie fertig…
Doch da hilft kein Kopfschütteln, Hadern oder Stampfen. Das nächste Zimmer ruft.  Die 2-stündige Erfahrung des ersten Zimmers wird berücksichtigt. Und tatsächlich mache ich schon ein paar Leerläufe weniger. Stolz.  Beim darauf folgenden noch besser - ein System wird erkennbar und die Arbeit geht schon fast von alleine. Und mehr noch - macht sogar Freude! Putzen? Freude? Was ist jetzt los mit mir? Eines ist klar, beim Putzen sieht man das Resultat sofort, auch der Wäsche-Berg wird immer kleiner. Und alles macht wieder "eine Gattung". Imminente Befriedigung. 
















Und das Allererstaunlichste ist, dass neben der eigentlichen Hauptaufgabe der  Zimmerreinigung so viel anderes auch noch erledigt wird. Die oben erwähnten Bohnen sind dafür ein gutes Beispiel, denn die müssen am Ende ihrer Trocknungszeit im Ofen ins grosse Einmachglas abgefüllt werden. Dasselbige ist jedoch nicht sauber. Also abwaschen. Trocknen. Abfüllen. Aufstellen. Sieht sogar als Dekoration gut aus. Und damit das Bohnenglas platziert werden kann, wird natürlich auch noch das Buffet geputzt... und überhaupt - da fehlt ein Blumenstrauss... den schneide ich grad vor der Haustür, einfach weil es in den Bewegungsablauf passt, weil es irgendwie aus dem Körper heraus entsteht. Die Haushalt-Zahnräder greifen ineinander, alles ist im Fluss. Es ist nichts anderes als ein grosses Energiefeld, in dem sich nacheinander und gleichzeitig (kein Widerspruch) sämtliche Partikelchen an ihren Platz fügen.

Ja, so betrachte ich einmal mehr die Dinge nicht nur auf der rein materiellen Ebene, sondern auch im Grossen Ganzen. Beim Putzen werden alte,  verbrauchte Energien aus den Zimmern gefegt, aus den Bettlaken gewaschen. Letzte Gedanken an die Gäste, die hier waren. Erinnerungen, Düfte, Abfall. Und Vorfreude auf die zukünftigen Gäste, die Terra Selvatica bereichern werden. Es wird neutraler, reiner Boden geschaffen, um immer wieder Neues willkommen zu heissen. Wohl-Fühlen. Auf jeder Ebene Reinheit, Klarheit und Ordnung. Es ist kaum in Worte zu fassen, doch dieses Vorbereiten für die, die kommen macht mich glücklich. Den Rahmen schaffen, die Energie setzen, das Willkommen feiern.

Immer wieder schweifen meine Gedanken in meine Kindheit, in der mir das Haushalten vorgelebt wurde. Und wie eingangs erwähnt - ich hab's verhöhnt. Ich wollte mit den Jungs auf die Bäume, hoch hinaus. Karriere, Chefetage, Erfolg. Kein Hausmütterchen. Und überhaupt diese Rollenaufteilung (oder Neudeutsch: Genderspezifikation) nein danke. Doch wo stehe ich jetzt? Ich lebe genau das:  Der Mann draussen auf dem Feld, mit dem Vieh, dem Traktor, der Motorsäge und ganz viel Tatkraft, die Frau drinnen am Herd, der Waschküche, mit Nadel und Faden, Bügeleisen und ganz viel weiser Voraussicht.

Unterdessen benötige ich pro Zimmer eine knappe Stunde, verspüre Vorfreude wenn es wieder darum geht alles für die Gäste herzurichten und Yin und Yang finden den Ausgleich im Aussen wie im Innen.