Freitag, 9. August 2013

Rione La Noce

Grossevent in Fratticiola Selvatica: 

Sagra dello Spaghetto dei Carbonai

Jedes Jahr im Juli findet dieses traditionsreiche Fest statt. Zu Ehren der Köhler, die früher hier in der Gegend ihrem Beruf nachgingen. Beginnen tut der 10-tägige Anlass mit einer Maultier-, Esel- und Pferdeschau und -markt. Von Demonstrationen wie die Mulis schwere Lasten tragen über Ponyreiten für Kids zum wirklichen Pferde- und Mulimarkt, der Leute aus der ganzen Region anzieht, ist hier alles zu sehen. Ganz Fratticiola, inkl. Nachbargemeinden, gibt sich ein Stelldichein. Sehen und Gesehen werden in unserem 500-Seelen-Dörfchen. Wir kennen schon die einen und anderen und fühlen uns schon sehr (ein)heimisch. 
Am Abend geht's zum Tanz - wir staunen einmal mehr über die Tanzweise der Italiener. Eine Riesentanzfläche, bestimmt 200 Tanzende, die alle den gleichen Schritt, die gleiche Gestik, die gleichen Bewegungen machen. 2 nach rechts, 2 nach links, einmal drehen und klatsch, Fuss nach vorne, Fuss nach hinten und klatsch. Im Takt, schwungvoll, einheitlich, zusammengehörig, phantasielos, begrenzt - und doch eindeutig zur Musik passend - auf die treffen nämlich die selben Adjektive zu. Definitiv nicht unsere Welt. Zum Glück gibt es eine Alternative: das Frakta Pub am anderen Ende des Festgeländes. Gute, moderne Musik, die Tanzfläche übervölkert von 6-10-jährigen Kindern. Auch hier klare Anzeichen des soeben beobachteten Gesellschaftstanzes. Wir passen.



Der eigentliche Höhepunkt des Anlasses ist eindeutig das Muli-Rennen am letzten Tag. Die verschiedenen "rione" (Quartiere) treten gegeneinander an, repräsentiert durch einen jungen Reiter, der auf 3 Runden ums Fussballfeld versucht, dem Esel seinen Willen aufzuzwingen und als erster durchs Ziel zu kommen (auf dem Rücken des Esels, versteht sich).




Der Unterhaltungswert des Rennens an und für sich ist  von kurzer Dauer, doch hoch. Das Lustigste ist eindeutig der Prozess bis alle Maultiere auf der Startlinie stehen, was einige Zeit in Anspruch nimmt. Wie hilflos wir Menschen den Tieren gegenüber doch sind...




Doch zurück zur rione la noce - unserem Quartier. Vor dem Rennen, d.h. mittags (da das Mittagessen spät beginnt und den ganzen Nachmittag dauert), trifft sich das Quartier zum gemeinsamen Essen, Stärken des Teamgeistes und der mentalen Unterstützung für den Reiter. Um die Zusammengehörigkeit zu demonstrieren kleiden wir uns alle in die rione-la-noce-T-Shirts, fuchsienfarben. 
















Das Mittagessen findet bei uns statt, da wir mit Leichtigkeit Platz für 50-60 Personen haben. Die Frauen des Dorfes bereiten alles vor und stehen am Sonntag um 9 Uhr auf der Matte, um zu kochen und anzurichten. Während die Frauen die Küche beschlagnahmen, kümmern sich die Männer um das Feuer und den Grill. Klassische Arbeitsteilung. Alles begleitet von lautstarkem Diskutieren wie denn der Sugo am besten sei, Dreinschwatzen beim Würste drehen und Argumentieren, dass es die 7 kg Pasta brauche und mehr Holz benötigt werde.  Eifriges Treiben - wir haben nichts zu tun, ausser Auskünfte zu geben über was wo ist und was geht und was nicht. 

Das Essen ist hervorragend. Von den 7 kg Pasta sind bestimmt 3.5 kg übrig, über die abgegessenen Knochen und die vorigen Würste freut sich Chicca und die wilde Katze, die um unser Haus streunt, die restlichen Essensabfälle landen auf dem Kompost und im Hühnerhof (hier besteht jedoch kein Interesse). Nur von der Crèmeschnitte bleibt rein gar nichts übrig.





Gegen 17 Uhr ist alles wieder aufgeräumt, und die Noce-Meute macht sich auf den Weg ins Stadion, um Präsenz  zu markieren. Ich brauche dringend eine Pause und einfach mal Ruhe. RUHE!
Ich habe diesen Tag genossen, viele neue Menschen kennengelernt, die bestätigt haben, dass wir hier am richtigen Ort gelandet sind. Freundlich und offen, hilfsbereit, willkommen heissend und bodenständig sind sie, die Fratticioleser. Zum Wohlfühlen. Teil dieser kleinen Gemeinschaft. Und all die Kaffees, die ich trinken gehen muss/darf/will, um unsere neuen Bekannten zu besuchen...

                                                               Forza la noce!

1 Kommentar:

  1. JETZT hab ichs gelesen und verstehe, warum denn soviele Bänke draussen rumstanden... Kuss Alexandra, mit grosser Vorfreude auf die feine Feigen und Holunder-Konfi zum Zmorge morn!!! tante grazie!

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