Dienstag, 20. Oktober 2015

Sonntagmorgen

Herrlich, langsames Aufwachen in meinem warmen Bett. Nur mal schnell blinzeln. Was der Tag so macht. Bedeckt. Etwas windig. Lieber die Augen wieder zu und noch etwas kuscheln. Wärme geniessen. Gedanken ziehen lassen. Träumen. Halb wach, halb schlafend. Zwischenwelt. Leichtigkeit. Unbeschwert. Es geht doch nichts über einen Sonntagmorgen im wohligen Bett. - - -
- - - Im Halbschlaf wird mir bewusst, dass die Hühner und die Schafe "rausgelassen" und Hund und Katzen gefüttert werden müssen. Nein, das kann doch jetzt nicht sein. Ich will doch nicht aus meinem warmen Bett. Umdrehen und so tun als wär’ nichts. Nein, das geht nicht. Fatal. Ich muss raus. Es führt kein Weg daran vorbei. Abtreten kann ich diese Aufgabe nicht, Peter ist krank.
Also, auf geht’s. Kleider und Schuhe anziehen und ‚raus in den Wind, den Morgen auf dem Land. Anstatt im Bett. - - -

Herrlich, dieses Gefühl der Unerlässlichkeit. Der Unabwendbarkeit. Das muss jetzt einfach sein. Fertig. Keine Widerrede. Akzeptieren. Und damit gehen. Mit jedem Schritt fühle ich mich beschwingter und freier. Beim Hühnerstall angekommen, bin ich schon richtig beflügelt (passt ja gut für die Hühner, oder?), freue mich, sie zu sehen und ihnen eine Morgenschleckerei zu bringen. Freude pur. Innehalten. Die Weite auf mich wirken lassen. Die Ruhe. Meine Augen streifen den Olivenhain. Die Zweige wiegen sich im Wind. Voller Oliven. Bald ist Erntezeit.

Weiter zu den Schafen. Erste Sonnenstrahlen durchbrechen die Wolkendecke. Tiefe Ruhe. Nur das Geräusch meiner Jeans beim Gehen, Vogelgezwitscher und das Rascheln der Pappel-Blätter. Ich spüre den Wind im Gesicht, auf meiner Haut. Er klärt meine Gedanken, macht meinen Kopf frei, der wieder einmal in alten Gedankenmühlen gefangen war. Abermaliges Innehalten. Und die Dankbarkeit spüren. Tiefe Dankbarkeit. Für dieses Land, die Erde. Das Hiersein. Das Leben. Das LEBEN. Und die Dinge wie sie sind.

Von weitem werde ich blökend begrüsst – höchste Zeit, die Schafe wollen ‚raus auf die Weide, ins Gebüsch und alles niederfressen. Ich weite meinen Spaziergang noch etwas aus, um den Zaun zu kontrollieren und einfach die Erde und die Natur in mich aufzusaugen. Immer mehr Sonnenstrahlen vertreiben die Wolkenschicht, und zusätzlich zum Wind, habe ich jetzt noch Sonne auf der Haut. Wunderbar! Meine Poren öffnen sich, meine Seele spannt ihre Flügel aus, mein Geist befreit sich. Ich gehe übers Land und spüre dieses unendliche Gefühl der Richtigkeit. Das ist schon richtig so. Richtig hier. RICHTIG gross geschrieben. Wie das LEBEN. Richtig leben. Das richtige Leben. Wie auch immer.

Am Ende meines sonntäglichen Frühmorgenspaziergangs lande ich beim Nusshaufen. Soooo viiiele Baumnüsse dieses Jahr. Doch leider hat sie einer unserer Mitarbeiter nach dem Sammeln einfach auf einen, eben diesen, Haufen getan, an dem ich jetzt ankomme. Das sieht nicht gut aus, viele Nüsse schimmeln vor sich hin. Mal sehen, was noch zu retten ist. Wie automatisch beginne ich die guten von den faulenden zu trennen. Die  guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen – oder war es umgekehrt? Aschenputtel. Schon bald sehe ich auch so aus, zumindest meine Hände – schwarz von den äusseren Nussschalen, die ich entferne um die Frische der inneren Hartschale zu prüfen. Die Arbeit des Sortierens gefällt mir, sortiert irgendwie auch etwas in mir drin. Schafft Ordnung und Platz.  - Und genau das liebe ich so an meinem anderen Leben hier – diese direkte Rückmeldung. So oft tue ich etwas im Aussen, das unmittelbar sein Spiegelbild im Innen findet und mir somit ermöglicht zu reflektieren und mir innere Prozesse bewusst zu machen.
Ich vergesse die Zeit ob all diesem Sonntagmorgen-Reichtum und dem Frieden, den ich spüre und kehre zurück nach Hause, wo Peter unterdessen ein herrliches Frühstück gezaubert hat.


Es ist Sonntag Mittag.

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