Freitag, 19. Juli 2013

Schwarzer Montag

Heute ist es soweit, ich mache mich bereit, um auf die Bank zu gehen, Konto eröffnen für unsere azienda agricola (so die offizielle Gesellschaftsform). Papiere vom Notar bereit, ich brauche nur noch meine Handtasche mit dem Pass und das Geld. Ich spüre Aufregung, lange hat es gedauert,  alles beieinander zu haben, um die Firma zu gründen, der letzte Schritt ist die Bank.

Also, eben, meine Handtasche holen. Doch die ist nicht auf dem Stuhl, auch nicht neben dem Koffer oder an einem sonst üblichen Platz. Wo habe ich sie nur wieder hingetan? Zu gut versteckt? Wegen der Dokumente. Verlegt? Bin ja manchmal ganz schön zerstreut. Gründlich suche ich alles ab. Kein Erfolg. Selbstzweifel. Wut. Ungeduld. Irgendwann ist klar: Meine Handtasche ist weg. Geklaut. Aus meinem Zimmer. Das darf doch nicht wahr sein. Da zieht mir jemand den Boden unter den Füssen weg. Dieses eine Mal habe ich Pass und ID dabei, eben wegen der Firmengründung. Beides in der gestohlenen Handtasche. So eine Scheisse. Keine Identität mehr. Nicht mal das Halbtax oder der Führerschein.

Am Nachmittag gehe ich dann anstatt zur Bank zu den Carabinieri, sind im selben Dorf. Die Carabinieri nicht dort, sie haben den Polizeiposten nur 3 Stunden am Tag geöffnet. Auf mein Klingeln meldet sich die Zentrale von Perugia über Telefon. Mann verspricht mir, in 20 Minuten da zu sein. Ich erhöhe auf 40, doch ohne Erfolg. Zurück nach Hause, Telefonate mit dem Basler Passbüro, ich evaluiere den Gang zur Botschaft in Rom. Doch all das kann ich erst am nächsten Tag abklären.

Um mich abzulenken und die Wut aus dem Körper zu bringen, steche ich die jungen Triebe, die um die Piscina wild wachsen, aus. Stosse auf eine grosse Wurzel eines schon abgestorbenen Baumes und beginne diese auszugraben. Der Spaten muss her. Zurück in die Werkstatt, wo mir Peter erklärt, der Traktor habe Luft im Vergaser und funktioniere nicht mehr. Welcher Scheisstag - auch das noch. Peter, Luca und Enzo kümmern sich drum, ich hole meinen Spaten und mache mich wieder auf den Weg Richtung Schwimmbad. Will mich nicht um das kümmern, hab selbst schon genug Ärger.

Graben, graben, graben. Wurzel frei legen, um dem Nachwachsen der Triebe endgültig den Garaus zu machen. Doch, wie kann es anders sein - der Spaten macht nicht mehr mit. Verrostet, altersschwach. Biegt sich oberhalb der Schaufel, als wär's ne weiche Spaghetti.

Jetzt reicht's. Statt Wut abzubauen, vergrössert sie sich. Scheiss-Italien. Scheiss-Haus, nichts funktioniert. Wir wurden beschissen, über's Ohr gehauen. Irgendein Scheisskomplott. Einbruch in meine Privatsphäre, Invasion. Unsicherheit. Verdammt, da ist einer gegen uns. Oder mehrere. Ich schmeiss den Bettel hin, die wollen uns hier nicht. Und überhaupt.

Die Moral der Geschichte: Wir verschliessen wieder sämtliche Türen und rennen ständig allen  Schlüsseln hinterher. Das Vertrauen und Wohlwollen unseren neuen Freunden und Nachbarn gegenüber hat sich reduziert und ich mich ins Schneckenhaus zurückgezogen. Meine Wunden lecken.

2 Kommentare:

  1. Ach da tut mir gleich das Herz und der Bauch weh, liebe Patricia, das kann doch nicht wahr sein!

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  2. Tja, das war richtig scheisse! Jetzt habe ich immerhin schon den Führerschein wieder.... Und nächste Woche eine neue Identität! Danke fürs Anteilnehmen. Kuss!

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