Mittwoch, 28. Januar 2015

Einmal und nie wieder

Vor ca. 1 Jahr kam unser Nachbar Gianfranco mit der Idee für uns ein kleines Schweinchen zu kaufen und grosszuziehen, damit es dann 1 Jahr später (somit jetzt) geschlachtet werden könne. So könnten wir unseren eigenen Prosciutto machen, eigene Würste, die Koteletts für die Gäste zuschneiden etc. Wir wüssten dann wie es dem Schwein ergangen sei und hätten so eine andere Beziehung zum Fleisch.

Naiv und unwissend haben wir uns auf diesen Vorschlag eingelassen, gingen das Schweinchen anfangs auch immer wieder mal besuchen, bis es in Vergessenheit geriet. (ich schäme mich….). Und jetzt ein Jahr später kommt Gianfranco und redet von Schwein töten und zerschneiden. Das war irgendwie gar nicht mehr in unserem Bewusstsein. Aber - abgemacht ist abgemacht - da müssen wir jetzt durch. 
Wir erwägen wer von uns das Schwein tötet und wer es zerlegt. In der Diskussion merken wir, dass töten eigentlich nicht geht - das können wir nicht. Gianfranco erledigt das für uns, auch das Ausbluten. Wir erscheinen dann erst auf der Bildfläche als es ums Zerlegen geht. Etwas feige finde ich. 


Mit schlechtem Gefühl und grossen Fragezeichen machen wir uns dann eher widerwillig an die Arbeit. Peter von frühmorgens 8 Uhr, ich stosse erst um 10 Uhr dazu. Das macht das Gefühl nicht besser. Was soll das? Wir essen Fleisch, sind gleichzeitig jedoch nicht bereit, das Tier zu töten? Aber beim Metzger oder im Supermarkt kaufen das geht? Weil da genügend Distanz ist? Man es abstrahieren kann? Nicht ok.

Vieles ist schon zerlegt als ich eintreffe.




Bleibt noch die Feinarbeit. Koteletts einzeln schneiden, das Filet lösen. Schulterbraten. Brustspitzen, Speck, Ragout, Schinken, Schmalz. 



Nachdem alle Teile sortiert und verpackt werden, bleibt das Fett übrig, dies wird erhitzt und geklärt und als "distrutto" für Torten und Süssspeisen oder Fleischanbrat-Mittel verwendet.

 
Nicht dass mich das Schneiden des Fleisches stört, dem kann ich sogar (wenn auch schwierig) etwas abgewinnen. Nein, das, was mich fertig macht ist der Geruch des toten Fleisches und das Blut. 
Nachmittags um 15 Uhr sind wir mit dem Zerlegen fertig und gehen total niedergeschlagen und am Rand der Übelkeit nach Hause - mit knappen 100 kg Sau auf der Ladefläche. Doch erst gegen Abend haben wir dann auch den Schmalz verarbeitet - der Hunger aufs Abendessen ist uns vergangen. Nie mehr essen. Nie mehr Fleisch. Mir reicht's. 

Eines ist sicher - diese Erfahrung prägt. Wir haben nicht klein beigegeben, sondern uns der Aufgabe gestellt (wie so vielem hier im "anderen Leben"). Sicher ist auch, dass wir das nie wieder tun werden. Und unseren Fleischkonsum überdenken wir gründlich. 

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